Spiegel Online vom 16.04.2018
Kristina Gnirke
Kriminalität im Gesundheitswesen
Wie Krankenkassen beim Betrug in der Pflege zusehen
Systematisch nehmen Betrüger das deutsche Pflegesystem aus – zulasten der Beitragszahler.
Ein interner Bericht aus dem Gesundheitswesen zeigt nun, dass viele Krankenversicherungen die Abzocke einfach geschehen lassen.
Das Geld für Pflegebedürftige wird knapp. Allein in diesem Jahr fehlten den Pflegekassen rund drei Milliarden Euro, warnt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – und lässt die Pflegebeiträge erhöhen. Dabei gäbe es andere Möglichkeiten: Bis zu zwei Drittel des Defizits ließen sich vermeiden, schätzen Kriminologen, wenn man entschieden gegen Betrüger vorginge. Diese plündern immer mehr Pflegegelder. Doch der Großteil der Krankenkassen versagt dabei, dem kriminellen Treiben Einhalt zu gebieten.
Die Methoden der Betrüger: Pflegedienste rechnen Arbeit ab, obwohl Angehörige die Kranken versorgt haben. Sie schmuggeln angeblich erbrachte Leistungen in die Abrechnungen, geben ungelernte Pflegekräfte mit gefälschten Zeugnissen als qualifizierte Mitarbeiter aus, beschäftigen weniger Pflegepersonal als die Kasse ihnen bezahlt. Auch Banden der organisierten Kriminalität greifen im Selbstbedienungssystem Pflege gerne zu.
Nach SPIEGEL-Informationen haben die Krankenkassen deutschlandweit 2016 und 2017 zusammen 14 Millionen Euro an Schäden durch Abrechnungsbetrug in der ambulanten Pflege erfolgreich zurückgefordert – doppelt so viel wie in den zwei Jahren zuvor, und mehr als jemals. Doch verglichen mit dem wirklichen Schaden ist diese Summe lächerlich gering. Experten schätzen, dass durch Betrug allein in der ambulanten Pflege rund zwei Milliarden Euro jährlich verloren gehen.
Die Pflegebranche entwickelt sich zum Paradies für Betrüger.
Hh; 20.10.2018 Enthüllungs- und Aufklärungsjournalismus, Presse und Meinungsfreiheit
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